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Als wir vor drei Jahren unseren Leonbergerrüden „Müsli“ zu uns nahmen, war er schon fast 3 Jahre alt und kannte noch keine Katzen. Insofern war mir schon etwas mulmig zumute, als Müsli uns mit seinen Züchtern besuchte, denn zuvor hatten wir die Vereinbarung mit ihnen getroffen, dass nicht wir den Hund abholen, sondern sie ihn zu uns begleiten und falls es mit den Katzen und unserer Schäferhündin gar nicht klappen sollte, sie ihn auch wieder mitnehmen.

Nun habe ich ja den Ausgang der Geschichte schon vorweg genommen, denn wäre Müsli nicht so ein freundlicher Hundejunge, der zu den Katzen höflich und zurückhaltend war und sich Anka devot unterwarf, wäre er ja nicht bei uns geblieben und ich könnte jetzt nicht von ihm und seinem Verhältnis zu unseren Katzen erzählen. Doch auch wenn es keine Integrationsprobleme gab, ist es nicht selbstverständlich, dass Hunde und Katzen sich auf Anhieb gut verstehen – im Gegenteil, die Redewendung „die sind wie Hund und Katz“, wenn zwei sich gar nicht vertragen, findet ihren Ursprung in der Fehde von Hunden und Katzen, die auf der einen Seite schon blutige Hundenasen forderte und auf der anderen leider auch schon das eine oder andere Katzenleben. Aus diesem Grund wird auch vielfach behauptet, dass Hunde und Katzen nur gute Freunde werden können, wenn sie miteinander aufwachsen. Man kann aber Hund und Katze vergesellschaften!

Doch warum sind Hunde und Katzen nicht immer die besten Freunde?

Dass sich Hund und Katze nicht verstehen, ist in dem Fall wirklich wörtlich zu nehmen, denn tatsächlich sprechen beide nicht die gleiche Sprache und haben darum ein echtes Verständigungsproblem, das damit beginnt, dass der Hund, der sich freut, mit der Rute wedelt. Diese freundliche Begrüßung missversteht jedoch die Katze, die noch keine Erfahrung mit Hunden hat, denn in ihrer Katzensprache bedeutet ein sich hin und her bewegender Schwanz eine aggressive Drohung, die direkt vor dem Angriff steht. Auch das spielerische Heben der Hundepfote übersetzt die Katze als Schlag nach der Beute und wenn sie dann noch flieht, ist die Hatz eröffnet – für die Katze ist es die Flucht vor dem Feind und eine lebensrettende Maßnahme – für den Hund ist es ein großer Spaß, bei dem man aber trotzdem nicht unbedingt immer sicher sein kann, dass „der nur spielen will“, denn vor allem Jagdhunde haben einen sehr ausgeprägten Hetztrieb und wird ihr Jagdinstinkt durch die flüchtende Katze geweckt, möchte man der Samtpfote nur noch wünschen, dass sie es rechtzeitig schafft, in die sichere Höhe eines Baumwipfels klettern zu können, wo der Hund sie nicht weiter verfolgen kann.

Sicher könnte sich eine Katze mit ihren scharfen Krallen auch wehren, denn wenn die empfindliche Hundenase oder gar die Augen zum Zielobjekt der Katzenpfoten werden, kann das für den Hund mit ernsthaften Verletzungen verbunden sein, aber in der Regel verhalten sich Katzen eher abwartend, versuchen den Hund mit Fauchen und einem „Katzenbuckel“, sowie gesträubten Fell und Schwanz zu beeindrucken, während der Hund wie vom Bogen geschossen auf die Katze zurennt, sie vielleicht sogar überrennt und damit die Fluchtdistanz bereits schlagartig unterschritten wird, innerhalb der die Katze eine Chance gehabt hätte, wegzulaufen. Der Katze bleibt nur noch der Angriff. Dabei kommt der Katze die kürzere Reaktionszeit zu Gute, mit der sie bereits zur Attacke bläst, bevor der Hund seinen Angriff überhaupt entwickeln konnte. Eine einmal siegreiche Katze kann durchaus ein ernstzunehmender Gegner für einen kleineren Hund werden. Leider wird aber auch ein einmal von einer Katze attackierter Hund seine Feindseligkeit nur schwer wieder ablegen und so kann es auch nur zu einem Missverständnis führen, wenn ein besonders vertrauensseliges Kätzchen ihren Kopf schnurrend am Hundefell reibt, um den ersten Schritt für eine Freundschaft zu legen, während der Hund das Geräusch, dass die Katze von sich gibt, keinesfalls als Zeichen von deren Wohlbefinden deutet, sondern in ihm eher ein Knurren erkennt, was in der Hundesprache ein Signal deutlicher Warnung und Drohung ist.

Insofern war es natürlich ein Risiko, einen erwachsenen, mit Katzen bislang nicht vertrauten Hund zu uns zu holen, aber zumindest konnten wir sicher sein, dass wenigstens die Katzen die Hundesprache verstehen, denn unsere neun Samtpfoten sind bei uns geboren worden und darum auch mit Hundegesellschaft aufgewachsen. Wobei genau das auch eine hohe Gefahr für das Leben und die Unversehrtheit der Katzen bergen kann, denn die vertrauensvolle Katze, die im Hund keinen Feind, sondern einen Freund sieht, unterscheidet in der Regel nicht zwischen Hunden, welche Katzen als Freunde sehen und Hunden, die Katzen „zum Fressen gern haben“. Diese leidvolle Erfahrung mussten wir und zwei unserer damals vier Monate alten Kitten machen, denn der Dackel einer Bekannten, die uns besuchte, biss beide Kätzchen, die freundlich auf den Hund zugingen, in Sekundenschnelle tot … bis wir begriffen hatten, was geschieht, konnten wir den Katzen schon nicht mehr helfen.

Auf weitere dieser traurigen Erlebnisse wollten wir also unbedingt verzichten und hatten darum auch den Vorschlag von Müslis Züchter erleichtert angenommen, denn wer gibt schon gerne einen Hund zurück, wenn er eigentlich schon zum Teil der Familie geworden war? Hätte ich mich aber von Müsli nach seinem Besuch bei uns verabschieden müssen, weil er den Katzen nicht wohlgesonnen gewesen wäre, dann wäre er als Gast gekommen und als Gast wieder gegangen … natürlich wären wir trotzdem traurig gewesen, denn wir hatten Müsli ja drei Tage zuvor in seinem Zuhause besucht und uns dort in ihn verliebt, aber wohler war uns allen wohl bei dem Gedanken, dass wenn es nicht klappt, ihn bei uns zu integrieren, uns eine Trennung erspart bleibt und dem Hund ein kurzes Intermezzo bei uns, das den Abschiedsschmerz, mit dem er dafür konfrontiert worden wäre, nicht gerechtfertigt hätte.

Das besonders Positive war aber, dass Müsli bislang auch nie schlechte Erfahrungen mit Katzen sammeln musste und die Katzen auch recht unbedarft auf Hunde zugehen, weil sie ja nichts Böses von ihnen erwarten. So staunte er zwar, als die Samtpfoten ihn „umzingelten“, aber er benahm sich wie sich ein honetter Gast seinen Gastgebern gegenüber benimmt, denn er nahm das Katzenvolk zur Kenntnis, aber fand Anka, unsere Schäferhündin doch erst einmal interessanter und auch wenn die sich nicht sehr gastfreundlich ihm gegenüber benahm, trug er es mit der stoischen Gelassenheit, die ihm eigen ist, was bedeutet: Er unterwarf sich ihr und akzeptierte sie als Chefin. Damit war klar: Er darf bleiben!

Inzwischen wissen wir auch, dass Müsli trotz seiner Größe und Masse im Umgang mit den Katzen sehr achtsam und gleichzeitig auch respektvoll ist. Die Katzen lieben ihn dafür auch und suchen seine Nähe … obwohl einem schon Angst werden könnte, wenn man zuschaut, wie er mit ihnen kuschelt. Natürlich ist es besonders wichtig, dass sowohl die Hunde, als auch die Katzen gesund gehalten werden, denn nicht nur Parasiten wie Flöhe und Bandwürmer fühlen sich bei beiden Arten von Wirtstieren wohl, auch Krankheiten, wie durch Salmonellen ausgelöste Durchfälle oder Dermatosen können von der Katze auf den Hund oder vom Hund auf die Katze übertragen werden.

Welchen Rat kann man geben, wenn man bereits einen Hund hat und zusätzlich eine Katze aufnehmen möchte?

Nun bleibt die Frage zu beantworten, welchen Rat man jemandem geben kann, der bereits einen Hund hat und auch einer Katze ein Zuhause geben möchte. Grundsätzlich würde ich bei einem Hund, der Katzen mit Aggression begegnet oder schon schlechte Erfahrungen machte, wohl keine Experimente machen, die zum Schaden der Katze werden könnten. Andererseits ist es oft zu beobachten, dass Hunde der „eigenen Katze“ ganz anders begegnen, als fremden Katzen, die er außerhalb des eigenen Grundstücks trifft. Trotzdem muss natürlich der Einzug der Katze gut überlegt sein, denn für ein Tier ist es auch immer ein schmerzlicher Abschied, wenn es aufgrund unüberwindbarer Differenzen mit bereits vorhandenen Haustieren wieder abgegeben werden muss.

Mit Anka holten wir uns im Jahr 2005 schon einmal eine bereits vierjährige Hündin, von deren Vorleben wir so gut wie nichts wussten, in die Familie und fürchteten in den ersten Tagen, dass wir sie nicht behalten können, weil sie die Katzen auf die Bäume jagte, wann immer sie ihr begegneten. Mein Mann riet mir schon, das Katzenfutter in die Äste zu hängen, weil die Samtpfoten vermutlich nicht mehr aus den Baumwipfeln kämen, solange dieser Hund bei uns wohnt, aber Anka war keinesfalls aggressiv den Katzen gegenüber … vielmehr hatte ich das Gefühl, dass sie die Katzen „aufräumt“, wie das eben die Aufgabe eines Schäferhundes ist – nämlich dafür zu sorgen, dass keiner verloren geht, sondern jeder seinen Platz einnimmt und dort bleibt. Anka wurde trotzdem zuerst einmal an der Leine vor die Tür gelassen und bald hörte sie auch auf, hinter den Katzen herzurennen. Sie zu „hüten“ gab sie zwar nie ganz auf, denn sie trug oft die Kitten wieder ins Haus, wenn die sich gerade draußen aufhielten, aber sie ließ die Samtpfoten sogar aus ihrem Futternapf fressen … wobei sie sich revanchierte und sich auch am Katzenfutter bediente.

Am leichtesten ist es natürlich, wenn beide Tiere noch jung sind und bislang keine schlechte Erfahrungen mit der anderen Art machten. Unsere Leonbergerhündin Bommeline zog im Alter von zehn Wochen bei uns ein und noch heute regieren die Katzen über sie, denn sie verschafften sich gegenüber dem frechen Welpen gleich einmal Respekt, als die Hündin noch klein genug war, um sich von einer fauchenden und kratzenden Katze beeindrucken zu lassen. Wenn man sich einen Welpen zulegen möchte, sollte man sich vorher genau informieren, auch auf jeden Fall die Rassebeschreibung lesen, denn die Rasse hat einen großen Einfluss auf das Verhalten. Hier findest Du Informationen zu verschiedenen Hunderassen

Selbst als die Bommeline fünf Monate alt war und den Samtpfoten eigentlich an Masse und Größe deutlich überlegen, begegnete sie ihnen noch mit großem Respekt. Schließlich hat auch der kleinste Stubentiger schon scharfe Krallen, aber von hinten schienen ihr die Katzen doch nicht ganz so suspekt zu sei. Seit die Bommeline aber die Körpersprache der Katzen versteht und feststellte, dass die Unterschiede keinesfalls unüberwindbar sind, pflegt auch sie ein freundschaftliches Verhältnis zu den Samtpfoten.

Den größten Unterschied zwischen Hund und Katze formulierte aber der Schriftsteller Kurt Tucholsky, als er feststellte:

Hunde haben Herrchen, Katzen haben Personal.

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